Die untreue Treue und die Liebe

Kein Wissenschaftler kann uns sagen, warum wir uns ineinander verlieben – aber sie wollen wissen, warum wir untreu sind. Die ZEIT veröffentlichte gerade einen Sommerloch-Artikel in der Art einer Wundertüte: vom männlichen Sperma-Verspritzer über die Mäusegene bis zum Vorzeigen der Fotos attraktiver Menschen.

Tests mit Fotos sind ja immer beliebt – spottbillig und für Wissenschaftler mühelos auszuwerten. Na, findest du den Typen geil? Na affengeil, klar, guck doch, wie der ausschaut. Das kann man auch so ausdrücken: „Der Psychologe John Lydon von der McGill-Universität in Montreal untersuchte, wie gebundene Männer und Frauen auf Avancen reagierten.“ Nun gut, er hat herausgefunden, dass die Damen und Herrn nicht mehr so attraktiv waren, wenn man den verheirateten Probanden sagte, dass sie für ein Date bereit wären – da kam angeblich der Treuefaktor durch. Wie schön, dass es nur Bilder waren, nicht wahr? Da reagieren Männer und Frauen auf „Avancen“. Da wäre unter anderem zu bemerken, dass nur Menschen „Avancen“ machen können, nämlich „einen Vorteil durch ständige erotische Näherung“ suchen.

Oh, oh – wir ahnen Schlimmes, nicht wahr?

Nicht ist den Menschen so treu wie die Untreue – und nichts so untreu wie die Treue. Es mag ja sein, dass 60 Prozent der einem Psychologen bekannt gewordenen Seitensprünge wegen unglücklicher Beziehungen gesucht werden, wie der Autor Wolfgang Krüger meint – er sieht aber auch nur die Menschen, die darunter leiden. Dennoch doziert er sogleich:

«Obgleich der Seitensprung weitverbreitet ist … sollte man ihn nicht als Betriebsunfall der Liebe ansehen, denn er weist im Allgemeinen auf eine Störung der gesamten Liebesbeziehung hin. »

Ob nun Betriebsunfall oder Störung im Schienennetz des Liebesverkehrs, Seitensprünge entziehen sich der Forschung, weil sie zumeist in einen Bereich fallen, der nicht öffentlich ist – denn ein großer Teil der Seitensprünge, wahrscheinlich der allergrößte, wird nie ruchbar, weil die Beteiligten schweigen konnten und sich nicht ineinander verliebten, sondern nur miteinander schliefen.

Foto © 2009 by ex animø

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