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Schoßgebete – oder gibt es Sex in der Ehe?

Berlin, den 10. August 2018

Es gibt Tage, da reibe ich mir die Augen: Man darf offenbar über Sex schreiben, wenn man alles so formuliert, wie es die lausigen Feuilletonredakteure gerne hätten. Besser wäre freilich, man würde nicht über Sex schreiben, schon gar nicht isoliert, da ziehen die Damen und Herren nämlich gleich das Näschen kraus. Was die Redakteure aber gerade zum Würgen bringt, ist dies: Nicht sie sind es, die diesmal gottgleich über das Wohl und Wehe einer Autorin richten dürfen – das Urteil ist nämlich schon gesprochen: Es heißt Erfolg, und der ist bereits vorhanden.

Schoßgebete und Spießbürgerlichkeit

Das Buch, von dem die Rede ist, heißt „Schoßgebete“. Autorin ist Charlotte Roche, deren Erstlingswerk „Feuchtgebiete“ ebenfalls ein Erfolg wurde – und zwar gegen die Boulevardpresse und gegen die schnöseligen Kulturredakteure.

Sex in der Ehe – höchst gewöhnlich

Ich weiß nicht, wie viel Spießbürgerlichkeit in den Hirnen der Literaturkritiker steckt, aber die „Schoßgebete“ verletzen angeblich ein Tabu: Sex in der Ehe, die Lust, dann und wann aus der Ehe auszubrechen und was dergleichen mehr ist – höchst gewöhnliche Dinge also. Im Bürgertum der Vorväter blieb dergleichen hinter den Fassaden verborgen: Wer der Vater der Kinder war, wusste nur die Mutter, und ihre „Schoßgebete“ wurden zumeist erhört – irgendwelche Merkmale am Kind waren schon „ganz der Vater“, und wenn nicht, dann kam das Kind eben „nach der Mutter“ - so wurde jeder Seitensprung ungeschehen gemacht. Ja, und Sex ? Für Männer gab es doch Schankwirtschaften mit Damenbedienung und schicke Bordelle, halbseidene Damen für gelegentlich und „Freundinnen“ für öfter mal. Sex in der Ehe? Bah – was war denn das schon? Eheliche Pflichten, bestenfalls, brav ausgeführt, damit es eigene Kinder gab. Ein Vergnügen sollte es ja ohnehin nicht sein.

Schreiben über Sex in der Ehe

Ja, und jetzt? Man fühlt sich, als wäre der ganze Bürgermief zurückgekommen, gerade so, als würde das Deutschland von 1910 wieder auferstehen: Eine Frau (man denke, eine Frau!) schreibt über Sex in der Ehe, und das gar noch ungelenk und so gar nicht literarisch. Das darf natürlich nicht sein, da muss man die Backen aufblasen. Charlotte Roche, wir ahnen es, wird das alles nicht im Mindesten tangieren. Sie braucht niemanden, der ihr Ratschläge erteilt: Der Erfolg ist mit ihr, und das reicht völlig. Die „Schoßgebete“ werden noch mancher Frau in den Schoß kriechen – da dürfen wir mit Nachahmerinnen rechnen. Aber was soll’s? Es gibt nun mal irgendwie Sex in der Ehe, und Seitensprünge und unerfüllte Wünsche. Darüber kann man schreiben, sogar dann noch, wenn man, wie Charlotte Roche, eigentlich gar nicht schreiben kann.

Aus den Feuilletons der Edelmenschen klingt immer so durch: „Ja, darf die Roche denn das? Eigentlich darf die das doch nicht!“ Doch, sie darf es, und die Damen und Herren Redakteure ziehen garantiert den Kürzeren bei diesem Spiel.

Euer Autor Gebhard

Auf in die Praxis: