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Dating und angebliche „Lügen“ – ganz normal

Berlin, den 15. November 2018

Kein Kaufmann preist die schlechten Seiten seiner Ware an – gezeigt werden immer nur die Sonnenseiten. Diese Tatsache ist so selbstverständlich, dass wir uns gar nicht mehr fragen, was die „reine Wahrheit“ ist. Bei der Partnersuche über Medien war es ebenfalls immer so: Man beschrieb sich von seinen Schokoladenseiten, lobte also die Eigenschaften, die „marktgängig“ waren, und ließ jene weg, nicht „so ganz marktgerecht“ waren. Auf diese Weise hoffte man, den Partner beim Blind Date von sich zu überzeugen – auch mit jenen kleinen Fehlern, die wir Menschen üblicherweise haben.

Mit dem Online Dating kam die „klare Warendeklaration“ auf. Plötzlich gab es keine „Anfangsvierziger“ mehr, sondern man musste klar deklarieren, 44 Jahre zu sein. Alter, Gewicht, Größe – alles musste akribisch angegeben werden. Wir wurden gewissermaßen alle vermessen, gewogen, kategorisiert und mit Etiketten versehen. Bei Partneragenturen kommt sogar noch ein Psychoetikett vorne drauf – nichts soll dem Zufall überlassen werden.

Was ist passiert? Wir sind sicher bei der Partnersuche am Markt, aber das bedeutet noch lange nicht, dass wir uns einer vereinheitlichten Warendeklaration unterziehen wollen oder uns gar psychologisch austesten lassen müssen. Mit anderen Worten: Wir haben das Recht, ein klein wenig zu schummeln.

Wer wirklich nicht tolerieren kann, dass seine potenzielle Partnerin oder sein potenzieller Partner ein klein wenig schummelt, ist ein kleinkarierter Erbsenzähler. Ob eine Dame 65 oder 57 Kilo wiegt, und ob sie 1,65 oder 1,68 groß ist, dürfte in den meisten Fällen nicht die geringste Rolle spielen – man fragt schließlich auch beim ersten Date nicht danach, ob sie eine „echte Blondine“ ist oder ob sie ihr Körbchengröße vermittels eines Push-up-BHs schönt. Männer, die eine exakte, zutreffende Beschreibung der Ware „Frau“ wollen, sollten sich bei Escort-Modellen bedienen und den Partnermarkt mit ihrer Engstirnigkeit schnellsten verlassen: Frauen sind keine Markenware - und Männer selbstverständlich auch nicht.

Statt auf den Menschen herumzureiten, die „Lügen“ im fünfprozentigen Bereich verbreiten, sollte man lieber einmal diejenigen angreifen, die Menschen mit dem Blick eines Pferdhändlers einkaufen wollen. Was für ein Menschenbild hat man eigentlich dort, wo man den gläsernen Mitmenschen mit Körper- und Psychodurchleuchtung erwartet, alles fein säuberlich auf dem Etikett zu lesen?

Was verlieren wir denn, bitte schön, wenn der Partner nicht ganz der Beschreibung entspricht? Wir wollten doch einen Menschen treffen und kein Haustier kaufen, oder irre ich mich jetzt?

Die New York Times sieht es "wissenschaftlich".

Bild: © 2011 by Liebesverlag.de

Euer Autor Gebhard

Auf in die Praxis: