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Wenn die Ossi-Frau den Wessi-Mann nimmt

Berlin, den 31. Mai 2016
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„Aber was für Ticker ist ein PoliTiker, woher kommt er, und was will er von der Welt?“, singt Georg Kreisler, und er kann damals wirklich nicht Wolfgang Tiefensee gemeint haben. Denn jener Herr Tiefensee weiß, was er von der Welt will: „Vorbilder für das Zusammenwachsen in Deutschland“ – und weil sich das Zusammenwachsen offenbar an Ehepaaren besonders gut demonstrieren lässt, ließ er sich Anfang des Jahres gleich einmal mit gut hundert von ihnen im Schnee fotografieren.

Natürlich ist das, was der Herr Minister da von sich gegeben hat, eine an den Haaren herbeigezogene Leerformel: Kein Deutscher nimmt einen anderen Deutschen zum Ehepartner, um die nationale Ost-West-Verständigung zu fördern. Man findet vielmehr zueinander, weil man zufälligerweise gerade auf der gleichen Tagung, am gleichen Arbeits- oder Urlaubsort ist – oder weil man zufälligerweise in Berlin lebt, wo Ost und West sich ohnehin küssen. Es ist kaum anzunehmen, dass sich dort die Damen zieren und sagen: „Nein danke, ein Wessi kommt nicht in Frage“.

Was bitte soll denn an „Ost-West-Ehen“ so besonders sein? Vielleicht, dass es so „undeutsch“ ist, den Heimatort überhaupt zu verlassen – etwa drei Viertel der Deutschen verbringen ihr ganzes Leben in der Nähe ihres Geburtsortes. Ich habe es gerade selbst erlebt: Lediglich vier von 41 Mitschülern leben weit von dem Ort entfernt, an dem wir gemeinsam die Schulbank gedrückt haben. Wie also soll der Wessi-Mann überhaupt an die Ossi-Frau kommen?

Wo die Liebe allerdings hinfällt, da kommt man zusammen – und ob jemand nun aus Thüringen oder Niedersachsen ist, spielt gar keine Rolle, denn man stellt sich nicht als Thüringer, Berliner oder Bayer vor, sondern vor allem als Person. Das gilt übrigens auch im Online-Dating. Es ist eine völlig falsche Annahme, dass die Menschen einander nun massenweise kreuz und quer durch die Nation begegnen, denn immer noch grenzen die meisten Partnersuchenden die Entfernungen stark ein: Höchstens 25 Kilometer dürfen sie trennen – und möglichst sollten beide im selben Ort wohnen. Immer noch ist mehr als ungewöhnlich (obwohl es vorkommt) dass Deutsche in ein Flugzeug steigen, um ein Blind Date zu haben.

Werbung mit Deutsch-Deutschen Paaren? Wie erbärmlich. Wir leben im vereinten Europa. Nicht Deutsch-Deutsch überbrückt kulturelle Gegensätze, sondern Italienisch-Deutsch oder Polnisch-Deutsch. Übrigens ist die Sache sehr einfach: Je höher der Bildungsstand und je mobiler ein Partnersuchender ist, umso mehr erwägt er auch, eine Frau aus dem Nachbarland zu heiraten – und das schweißt Europa dann wirklich zusammen. Dass Deutsch-Deutsche Ehen Deutsche zusammenwachsen lassen, klingt da wie ein Hohn.

Was meint ihr?

Quellen unter anderem: Berliner Zeitung.

Bild © 2007 by jfeuchter

Euer Autor Gebhard

Auf in die Praxis: