Der Seitensprung und die Lust daran

Ich sage euch ja nichts Neues, wenn ich behaupte, dass Seitensprünge sehr lustvoll sein können – ja, sogar ungeheuer romantisch. Zum Problem werden sie erst, wenn daraus Affären entstehen, die sich über lange Zeit hinziehen.

Versuchen wir einmal herauszufinden, wie ein Seitensprung entsteht. Da ist eine Frau, die mit beiden Beinen auf der Erde steht, aber ein wenig neugierig, sinnlich und flirtbereit ist. Dann ist da ein Mann, der empfänglich für feminine Reize ist, eine maskuline Ausstrahlung hat und der ebenfalls einem Flirt nicht abgeneigt ist.

Nun muss nur noch die Situation dazu kommen, in der sich beide treffen: beispielsweise auf einer Tagung. Sie wohnen im gleichen Hotel, vielleicht gar auf dem gleichen Flur, und beide werden am nächsten Tag nicht „zu Hause“ erwartet. Sie kommen ins Gespräch, tändeln ein wenig, trinken ein paar Gläser Sekt zusammen, finden einander sympathisch. Je später der Abend, umso glühender werden die Blicke, die sie austauschen, doch noch sehen sie verhalten zur Seite, wenn sich die Blicke zu sehr ineinander verheddern – noch weichen sie der Frage aus, wie sie den Abend beenden könnten. „Ich bring dich noch vor die Tür“, sagt er, und sie lacht über seien Formulierung. Beide wissen: Wenn es passieren soll, dann müssen sie sich vor ihrem Hotelzimmer entscheiden. In Wahrheit haben sie sich schon entschieden – ja, sie wollen miteinander schlafen, jetzt und hier. Er sagt: „Ich denke, ich schalte mein Handy heute Nacht aus“, und sie weiß, warum er dies tun wird. Vor ihrem Zimmer dann der Moment, indem für eine Sekunde noch die Wende möglich wäre: Verzichten … treu sein … sie wischt den Gedanken weg, sagt, die Schüchterne spielend: „Ich mache so etwas sonst nie …“

Der romantische Seitensprung aus purer Lust … wird er zum Auslaufmodell? Ich glaube nicht. Er ist kurz, lustvoll und für beide emotional weitgehend schmerzlos – und er hinterlässt in der Regel nicht die geringsten Spuren. Ob jede Seitensprung-Begegnung im Internet so spurlos vorbeigeht? Ich wage es zu bezweifeln.

Ähnliche Beiträge