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Dating: wenn nicht online, wie dann?

Berlin, den 11. Juli 2016
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Kulturelle Neuerungen setzen sich im Internet schnell durch – doch bis sie in den Köpfen der Menschen verankert sind, vergeht häufig viel Zeit. Daher mag es kommen, dass es immer noch ein Unbehagen gegenüber dem Online-Dating gibt. Gerade war zu lesen, dass man besser daran täte, seinen Freundeskreis auszuweiten, statt online auf Partnerpirsch zu gehen.

Dabei wird deutlich, dass es offenbar Menschen gibt, in deren Weltbild Online-Dating nicht passen will, was mich wiederum zu der Frage bewegt – was taten deutsche Partnersuchende eigentlich vorn 50 Jahren?

Nehmen wir an, wir schrieben das Jahr 1959. Die 1938 geborene Generation wird gerade volljährig, und sie hat nichts als Entbehrungen erlebt. Krieg, Luftschutzbunker und Hunger waren ihre Begleiter. Sicher, die Zeiten wurden langsam besser – aber der Hunger nach Leben konnte nicht gestillt werden, denn der Jugend wurde einfach keine Sexualität zugebilligt.

Die Eltern hatten es gerne, wenn sich die Nachkriegsjugend ihre Partner aus einem Umfeld suchte, das der Familie nahestand. „Tanzbodenbekanntschaften“ waren nicht gerne gesehen. Die Jugend freilich scherte sich einen Dreck darum, wie Mama und Papa es gerne hätten: Auf privaten Partys wurden mehr als Küsse getauscht, und wenn man viel Mut hatte, dann charterte man eben einen Vergnügungsdampfer, nannte das „Riverboatparty“ und lud die Jugend ein. Nachts auf Deck fragte dann niemand mehr danach, ob Sex erlaubt war oder nicht.

Wer sich diesen Zustand einmal vor Augen hält, weiß, wie sehr sich die Zustände gewandelt haben. Bereits für einen Menschen, der in den 1970er Jahren groß wurde und die „freie Liebe“ kennenlernte, musste diese Zeit wie eine Horrorvision des Lebens vorkommen.

Ähnlich geht es vielen Menschen heute: Sie haben als Jugendliche die vielen romantischen Liebespaare mit Blumen im Haar gesehen, die ohne Trauschein zusammenzogen und ein Leben gegen die Konventionen geführt haben – und sie erwarten, dass es eine neue Generation wieder so machen wird.

Macht sie aber nicht. War man 1959 froh, dem Muff der Adenauerära wenigstens durch eine frühe Ehe zu entfliehen, so musste man 1979 mindestens mit 25 mit jemandem zusammenleben, um „in“ zu sein. Doch heute warten viele junge Leute bis über das 30. Lebensjahr hinaus, um feste Bindungen einzugehen – und dies erfordert eben neue Strategien der Partnersuche.

Wer uns heute auf die „Freundeskreise“ und deren Erweiterungen verweist, ist noch nicht im 21. Jahrhundert angekommen. Mag man auch heute noch in Freundeskreise oder auch am Arbeitsplatz Partner finden – die Alternative ist stets, einen weiten Umkreis nach einem wirklich passenden Partner abzusuchen – und diesen Weg kann man eben fast ausschließlich im Internet gehen.

Bild: © 2009 by Missiz Beasley

Euer Autor Gebhard

Auf in die Praxis: