Verliebt sein – ist das Liebe?
Noch vor einigen Jahrzehnten hob die Großmama den Zeigefinger und sagte vielleicht. „Kind, Verliebtheit ist nicht Liebe“. Die Kirchgängerfaktion setzte gleich noch eines ober drauf: „Sex ist nicht Liebe“. Na ja - bis wir dann 18 oder 21 wurden, wussten wir genau, was die Liebe alles nicht ist. Nur eines wussten wir nicht – was die Liebe ist.
Uns Jungs wurde gesagt, dass Männer das vielleicht sowieso nicht wüssten, aber Frauen wüsste es dafür umso genauer. So sprach dann manche wohlmeinend Tante: „Du musst uns erst verliebt machen, dann kannst du eine Menge von uns Frauen bekommen.“ Nun, ich schrieb ja schon das eine oder andere Mal, dass die Tanten der damaligen Zeit immer sehnsüchtig seufzten, wenn sie so etwas sagten – aber ich wusste natürlich nicht, warum.
Inzwischen wissen wir immerhin, was Verliebtsein ist – jedenfalls im groben. Eigentlich ist es eine Überdosis Drogen, die eigentlich nur in den Körper gepumpt wird, um uns solange meschugge zu machen, bis der Geschlechtsakt vollzogen ist. Komischerweise hält die Sache bei uns Menschen aber lange an. Das bedeutet für uns, dass wir dann – mit oder ohne Sex – eine ziemlich lange Zeit wir „besoffen“ sind. Wir nehmen die Realität nicht mehr wahr, und befinden uns einerseits im emotionalen Ausnahmezustand, andererseits aber auch in der Euphorie, die uns auf rosaroten Wolken herumhüpfen lässt.
Oh, verdammter Mist – da hatte ihr für Liebe gehalten, nicht wahr? Habe ich euch jetzt enttäuscht? Vermutlich, aber ich habe einen Trost: Während der Zeit, in der man verliebt ist, wird der Körper ja nicht nur gedopt, sondern es entstehen auch ganz neue Erfahrungen. Ja, und diese schönen Erfahrungen miteinander sorgen dann dafür, dass wir den anderen lieben.
Ich finde, das funktioniert meistens ganz gut, nicht wahr?
Bild: "Erstmals verliebt" - 50er-Jahre Entwurf.